EU KI-Haftungs-Richtlinie
Der Regelungsgehalt der KI-Haftungs-Richtlinie ist vergleichsweise überschaubar. Sie gilt nur für außervertragliche verschuldensabhängige zivilrechtliche Schadensersatzansprüche in Bezug auf Schäden, die von einem KI-System nach der KI-Verordnung verursacht wurden.
Vorgesehen sind zwei eher prozessuale Regelungen, wie bereits die Begrifflichkeiten „Kläger“ und „Beklagter“ in der Richtlinie zeigen:
Offenlegung von Beweismitteln
Liegt ein Hochrisiko-KI-System im Sinne der KI-Verordnung vor, sollen Geschädigte einen Anspruch auf Offenlegung von Beweismitteln erhalten.
Der Kläger muss die „Plausibilität“ des Anspruchs zunächst ausreichend belegen. Wie dies geschehen soll, wird in der KI-Haftungs-Richtlinie nicht weiter definiert. Einem Kläger soll es über den Offenlegungsanspruch ermöglicht werden, Schadensersatzansprüche gerichtlich effektiver geltend machen zu können (oder ein gerichtliches Verfahren von vornherein zu vermeiden). Diese Regelung erinnert an die aus dem US-Recht bekannte „pretrial discovery“.
Der Offenlegungsanspruch wirft vollkommen neue Fragestellungen im Hinblick auf das Interesse z. B. der KI-Anbieter auf, ihre Geschäftsgeheimnisse geheim zu halten.
Kausalitätsvermutung
Nach dem Entwurf der KI-Haftungs-Richtlinie soll die Kausalität zwischen dem „Verschulden“ (z. B. des Anbieters des KI-Systems) und dem fehlerhaften „Ergebnis des KI-Systems“ vermutet werden. Voraussetzung für diese Vermutung sind kumulativ:
es wurde gegen Sorgfaltspflicht verstoßen, die vor dem Schaden schützen soll und
die Kausalität, die vermutet werden soll, liegt wahrscheinlich vor („vernünftiges Ermessen“) und
es besteht eine Kausalität zwischen dem fehlerhaften KI-Ergebnis und dem eingetretenen Schaden.
Je nachdem, um welche Art von KI-System es sich handelt (z. B. Hochrisiko-KI oder einfache KI, siehe den Beitrag zur KI-Verordnung) und gegenüber wem der Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden soll, bestehen weitergehende oder andere Anforderungen.
Die genauen Begrifflichkeiten erscheinen noch nicht vollständig zur Terminologie im deutschen Recht kongruent, sodass die konkrete Umsetzung durch ein deutsches Gesetz interessant werden wird.
Dieser Beitrag ist Teil des Überblicks über die aktuellen Änderungen anlässlich der EU-Datenstrategie und des New Legislative Frameworks. Es wird um Beachtung gebeten, dass es sich bei dem Gesetzgebungsvorhaben gegenwärtig um einen (allerdings als „final“ gekennzeichneten) Entwurf handelt. Es handelt sich somit noch nicht um geltendes Recht und es können sich noch Änderungen im Gesetzgebungsverfahren ergeben. Allerdings ist es wegen der überschaubaren „Übergangsfristen“ bereits jetzt erforderlich, das kommende Recht „in den Blick“ zu nehmen.