Zur Vermeidung kostenintensiver und haftungsträchtiger Prospektpflichten bei kommunalen Finanzierungsprojekten

Denn hier besteht die Gefahr, dass die Kommune gesetzliche Pflichten zur Veröffentlichung eines Prospekts über die gewünschte Finanzierungsform und das finanzierte Vorhaben treffen. Ein solcher Prospekt ist oftmals mit hohen Kosten verbunden und bedeutet ein erhebliches Haftungsrisiko, weil die Kommune dann als Prospektverantwortliche für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts einstehen müsste. Es ist auch keine Option schlicht keinen Prospekt zu erstellen, obwohl man dazu verpflichtet ist, da dann aufsichtsrechtliche Maßnahmen der BaFin drohen. Allein durch eine vorausschauende Strukturierung des Projekts können derartige Prospektpflichten vermieden werden.
Prospektpflicht
Prospektpflichten kommen im Wesentlichen nach der Wertpapierprospektverordnung VO EU 2017/1129, dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) und nach dem Vermögensanlagegesetz (VermAnlG) in Betracht. Da die Wertpapierprospektverordnung nur auf übertragbare Wertpapiere (v.a. Aktien) Anwendung findet (nicht etwa auf Beteiligungen an einer GmbH), sind für kommunale Projekte vor allem das KAGB und das VermAnlG entscheidend. Denn die Ausgabe von Aktien durch eine Kommune zur Finanzierung eines örtlichen Projektes dürfte sehr selten sein.
Prospektpflichten nach dem KAGB können bei dem eingangs beschriebenen Vorgehen aber schnell bestehen, sobald es sich bei dem Finanzierungsvorhaben um ein sog. Investmentvermögen handelt. Der Begriff „Investmentvermögen“ wird vom Gesetz wie folgt definiert: „Investmentvermögen ist jeder Organismus für gemeinsame Anlagen, der von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren und der kein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist.“
Schwierigkeiten bestehen hierbei vor allem deshalb, weil die gesetzliche Definition wenig trennscharf ist und auch die hierzu von der Bundesanstalt für Finanzaufsicht publizierten Auslegungshinweise nicht für die zu wünschende Klarheit sorgen. Noch greifbar sind zu Beginn immerhin die ein Investmentvermögen kennzeichnenden Merkmale eines „Organismus“ und des „Einsammelns“ von Kapital. Ein „Organismus“ im Sinne des KAGB ist immer dann gegeben, wenn Geld von Investoren „gepoolt“ wird, also rechtlich und wirtschaftlich (egal in welcher Rechtsform) verselbstständigt wird. Das ist exemplarisch etwa bei einer simplen Beteiligung als Gesellschafter an einer GmbH der Fall. Die Einlage aus dem Vermögen des Gesellschafters unterfällt nun dem (gegenüber dem Vermögen des Gesellschafters) selbstständigen Gesellschaftsvermögen.
Ein „Einsammeln“ von Kapital liegt hingegen vor, wenn auf Rechnung der Gesellschaft eine Vielzahl möglicher Investoren gewerblich angesprochen wird, um von diesen im Wege der Einlage als Gesellschafter Gelder einzusammeln. Vorsicht ist daher etwa geboten, wenn gegenüber einem unbegrenzten Personenkreis für das jeweilige Projekt geworben wird. Eine allgemein zugängliche Veranstaltung in der örtlichen Gemeindehalle oder Werbemaßnahmen auf einem Marktplatz können schnell als das „Einsammeln von Kapital“ anzusehen sein. Demgegenüber können die Dinge anders liegen, wenn zur Finanzierung des Baus eines neuen Sportplatzes für den örtlichen Sportverein ausschließlich Vereinsmitglieder (und damit ein abgrenzbarer, überschaubarer Personenkreis) angesprochen werden.
Soweit so einfach sollte man meinen – ist es aber nicht! Denn das eingesammelte Kapital muss weiter nach einer „festgelegten Anlagestrategie“ und „zum Nutzen der Anleger investiert“ werden. Dabei bereitet insbesondere die Abgrenzung zu in der Praxis üblichen Gesellschaftsverträgen Schwierigkeiten, weil die gesellschaftsvertraglichen Regelungen nach den Auslegungshinweisen der BaFin eine Anlagestrategie beinhalten können. Eine Anlagestrategie soll nach der BaFin aber kennzeichnen, dass konkrete Kriterien bestimmt werden, nach denen das eingesammelte Kapital eingesetzt werden soll. Es finden sich aber recht häufig in den Verträgen für Gesellschaften, die etwa auf den Erwerb konkreter Vermögensgegenstände (bspw. eines konkreten Grundstücks für den sozialen Wohnungsbau) gerichtet sind, ebenfalls konkrete Kriterien zur Auswahl eines geeigneten Erwerbsobjekts. Man darf aber nicht zulassen, dass für eine GmbH, die lediglich für den Erwerb eines Grundstücks für ein Infrastrukturprojekt fungiert, eine Pflicht zur Veröffentlichung eines mehrere 100 Seiten umfassenden Prospekts besteht, sobald im Gesellschaftsvertrag Kriterien für den Erwerb (Größe, Lage, Wert oÄ.) enthalten sind! Das ist nicht im Sinne des Gesetzes. Eine rechtssichere Vermeidung dieses Merkmals der „festgelegten Anlagestrategie“ und damit letztlich einer Pflicht zur Erstellung eines Prospekts lässt sich aber leider nur durch eine sorgfältige Prüfung und Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags erreichen.
Dasselbe gilt für die Frage, ab wann zum „Nutzen der Anleger“ investiert wird. Das soll nach den Auslegungshinweisen der BaFin nicht der Fall sein, wenn im öffentlichen Interesse und nicht zur Erwirtschaftung einer Rendite investiert wird. Bei einem kommunalen Infrastrukturprojekt wird das primäre Ziel stets auf der Daseinsvorsorge oÄ. (wie etwa bei einem örtlichen Schwimmbad) liegen. Gleichzeitig wird die Kommune bei der Umsetzung des Vorhabens (bspw. dem Kauf eines geeigneten Grundstücks) wie stets auch auf die Wirtschaftlichkeit etwa eines Schwimmbads achten, um dieses rentabel zu halten. Erfolgen Investitionen in diesem Bestreben dann bereits nicht mehr im öffentlichen Interesse, obwohl doch vorrangiges Ziel die Daseinsvorsorge ist? Derartige Problemfelder müssen unbedingt im Vorfeld identifiziert und vertragsgestaltend gelöst werden, um eine Prospektpflicht nach dem KAGB zu vermeiden.
Immerhin: Ist eine Prospektpflicht nach dem KAGB erst einmal abgewendet, bestehen in dieser Hinsicht keine gravierenden Hindernisse mehr. Eine Prospektpflicht kann dann nur noch nach dem VermAnlG bestehen. Der Anwendungsbereich des VermAnlG ist zwar ebenfalls sehr weit, weil etwa jegliche Beteiligung als Gesellschafter gemäß § 1 Absatz 2 Nr. 1 VermAnlG als Vermögensanlage anzusehen ist. Für Vermögensanlagen bestehen nach § 2 VermAnlG aber Ausnahmeregelungen über die Prospektpflichten vermieden werden können.
Insbesondere nach § 2 Absatz 1 Nr. 3 lit. b) VermAnlG kann eine Prospektpflicht etwa dann ausgeschlossen werden, wenn für die jeweilige Anlage (etwa die Beteiligung als Kommanditist einer KG) ein Verkaufspreis von maximal 100.000,00 EUR festgelegt wird. Dasselbe gilt für solche Anlagen, die sämtlich für mindestens 200.000,00 EUR angeboten werden, da der Gesetzgeber hier davon ausgeht, dass in dieser Höhe lediglich professionelle Anleger investieren, die nicht im Wege eines Prospekts etwa über bestimmte Risiken aufgeklärt werden müssen.
Empfehlung
Letztlich bestehen die Schwierigkeiten bei der Planung und Umsetzung eines kommunalen Infrastrukturprojekts unter Vermeidung einer Prospektpflicht in der großen Reichweite des KAGB durch die Verwendung unbestimmter Merkmale. Der Gesetzgeber war hier bestrebt, einen weiten Anwendungsbereich zu schaffen, um der Vielzahl an Investitionsformen Rech-nung zu tragen. Wir empfehlen dem mit einer frühzeitigen eingehenden Prüfung und einer sorgfältigen und vorausschauenden Strukturierung des Finanzierungsprojekts zu begegnen. Insbesondere die konkrete Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags und des Auftritts nach Außen gegenüber potentiellen Anlegern sind entscheidend dabei, eine kostenintensive und haftungsträchtige Prospektpflicht zu vermeiden.