EU Produkthaftungs-Richtlinie
Die im Entwurf befindliche, neue Produkthaftungsrichtlinie enthält damit insbesondere die folgenden Regelungen:
Umfasste Schadensersatzansprüche
Geregelt werden verschuldensunabhängige zivilrechtliche Schadensersatzansprüche gegen den Hersteller wegen Personenschäden, Sachschäden und (neu) Datenverlusten, die durch fehlerhafte Produkte verursacht wurden.
Anders als die KI-Haftungs-Richtlinie, die eine verschuldensabhängige Haftung für KI-Systeme regelt, regelt die Produkthaftungs-Richtlinie also eine verschuldensunabhängige Haftung.
Geklärt wird mit der neuen Produkthaftungs-Richtlinie auch, dass die neuen Produkte des digitalen Zeitalter erfasst sind, z. B. Software und speziell auch KI-Systeme, also Künstliche Intelligenzen.
Umfasste Schäden
Die von der neuen Produkthaftungs-Richtlinie umfassten Schäden sind ebenfalls an das digitale Zeitalter angepasst worden und weitergehend als bislang. Ausdrücklich umfasst sind nämlich beispielsweise Schäden aufgrund des Verlusts oder der Beschädigung von Daten, allerdings nur, wenn die Daten nicht ausschließlich zu beruflichen Zwecken verwendet werden.
Bei Sachschaden soll die bisherige Beschränkung auf privat genutzte Produkte entfallen.
Die bislang geltende Bagatellschwelle von 500 EUR soll ebenso entfallen wie die bisherige Obergrenze.
Zu bemerken ist weiter, dass die Haftung nach der Produkthaftungs-Richtlinie auch nach der Inverkehrbringung des Produkts fortbesteht. Derart sollen etwa Änderungen am Produkt aufgrund von Software-Updates oder aufgrund von maschinellem Lernen erfasst werden.
Auch kann ein Produkt ausdrücklich deshalb fehlerhaft sein, weil Sicherheitsanforderungen, einschließlich Cybersicherheitsanforderungen, missachtet wurden.
Offenlegung von Beweismitteln
Ähnlich wie im Entwurf der KI-Haftungs-Richtlinie ist auch in der neuen Produkthaftungs-Richtlinie eine Offenlegungsverpflichtung vorgesehen, wonach z. B. Hersteller in ihrer Verfügungsgewalt befindliche Beweismittel dem Geschädigten für seine Anspruchsdurchsetzung zur Verfügung stellen müssen, wenn der Anspruch „plausibel“ ist. Derart soll die Informationsasymmetrie zwischen Hersteller und Geschädigtem ausgeglichen werden.
Kausalitätsvermutung
Weiter wird – erneut ähnlich zur KI-Haftungs-Richtlinie – eine Beweislastumkehr bzw. eine Kausalitätsvermutung geregelt. Danach wird zunächst von der Fehlerhaftigkeit des Produkts ausgegangen,
wenn die Offenlegung von relevanten Beweismitteln trotz Aufforderung unterbleibt, oder
wenn nachgewiesen wird, dass das Produkt verbindliche Sicherheitsanforderungen, die einen Schutz gegen das Risiko des eingetretenen Schadens bieten sollen, nicht erfüllt oder
wenn nachgewiesen wird, dass der Schaden durch eine offensichtliche Funktionsstörung des Produkts bei normaler Verwendung oder unter normalen Umständen verursacht wurde.
Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Fehlerhaftigkeit des Produkts und dem Schaden wird sodann vermutet, wenn festgestellt wurde, dass das Produkt fehlerhaft und der entstandene Schaden von der dem betreffenden Fehler typischerweise entsprechenden Art ist.
Kreis der Haftenden
Weiter wird der Kreis der Haftenden in Fällen, in denen weder Hersteller, Einführer noch Bevollmächtigter seinen bzw. ihren Sitz innerhalb der Europäischen Union haben erweitert: Es haftet dann ein sog. Fulfilment-Dienstleister. Bei diesen Fulfilment-Dienstleister kann es sich um Unternehmen aus den Bereichen der Lagerhaltung, Verpackung, Adressierung und des Versand des Produkts handeln.
Verjährungsfrist
Die Verjährungsfrist wird zudem um eine kenntnisunabhängige Höchstfrist von 10 Jahren bzw. 15 Jahren bei nicht sofort erkennbaren Körperschäden (wenn aufgrund einer Latenzzeit eine Körperverletzung erst verzögert erkennbar wird) ergänzt.
Dieser Beitrag ist Teil des Überblicks über die aktuellen Änderungen anlässlich der EU-Datenstrategie und des New Legislative Frameworks. Es wird um Beachtung gebeten, dass es sich bei dem Gesetzgebungsvorhaben gegenwärtig um einen (allerdings als „final“ gekennzeichneten) Entwurf handelt. Es handelt sich somit noch nicht um geltendes Recht und es können sich noch Änderungen im Gesetzgebungsverfahren ergeben. Allerdings ist es wegen der überschaubaren „Übergangsfristen“ bereits jetzt erforderlich, das kommende Recht „in den Blick“ zu nehmen.